Jule Horn vom BC Karlsruhe liebt die „Selbstverteidigung ohne Waffen“
Der „Tatort“ war ein Campingplatz in Frankreich, wo die damals neunjährige Jule Horn zusammen mit ihren Eltern urlaubte. Dort wurde den Kindern ein Judokurs angeboten und Horn hatte ihren Sport gefunden, den sie später im heimischen Freudenstadt beim dortigen TSV ausübte. In Freudenstadt ging sie auch bis zur elften Klasse in die Schule, ehe sie ins Karlsruher Sport-Internat wechselte, am Otto-
Hahn-Gymnasium Abitur machte und seitdem beim Budo-Club Karlsruhe (BCK) kämpft.
Dort lernte sie Anke Kaiser kennen, die neben Judo auch Sambo ausübte und dabei auch international erfolgreich war. Horn war fasziniert von dieser Sportart, die dem Judo verwandt ist, bei der aber auch die alten Judotechniken, wie beispielsweise Hebel
und Griffe an die Beine erlaubt sind. „Gerade diese Hebeltechniken sind etwas, das mir liegt“, war Horn gleich angetan von dieser
„Selbstverteidigung ohne Waffen“, wie die Übersetzung von Sambo lautet. „Zudem ist ein Kampf nicht gleich beendet, wenn man –
wie beim Judo – nach einem Wurf mal auf dem Rücken landet. Man kann wieder ausgleichen und am Ende entscheidet die höhere
Punktzahl über den Sieg. Deshalb habe ich neben Judo auch Sambo als Sportart entdeckt, die mich einfach begeistert“, so die 22-Jährige.
Gleich bei ihrem ersten Auftritt holte sie sich bei den Deutschen Sambo-Meisterschaften im Februar 2018 den Titel in der Klasse bis 64
Kilogramm und feierte im gleichen Jahr ihren größten internationalen Erfolg, als sie bei der U21-Weltmeisterschaft in Tiflis Silber
in ihrer Gewichtsklasse holte und dabei einige der hoch gehandelten Athletinnen aus den Bereichen der ehemaligen Sowjetunion schlagen konnte. Dort und vor allem in Russland ist Sambo Volkssport und erfolgreiche Athleten oder Athletinnen aus Westeuropa sind eher die Ausnahme, denn die Regel.
Horn ist keine Ausnahme mehr. Mittlerweile hat sie sich in der Sambo-Weltspitze etabliert. 2019 wurde sie beim hochkarätig besetzten
Grand Slam in Moskau Dritte und vertrat Deutschland bei den Europaspielen in Minsk, wo sie den siebten Platz belegte. Nachdem der deutsche Sambo-Verband aus Pandemie-Gründen weder an den Weltmeisterschaften 2020 in Novisad teilnahm und auch dem Grand Slam im März dieses Jahres in Moskau aus denselben Gründen fern blieb, freut sich Horn jetzt auf die Europameisterschaften, die am 28. und 29. Mai im zyprischen Limassol ausgetragen werden. In welcher Gewichtsklasse sie dort antreten wird, darüber ist sie noch nicht ganz schlüssig. Nachdem der Sambo-Verband, der danach strebt Olympiastatus zu erhalten, seine Gewichtsklassen denen im Judo und im Ringen
angeglichen hat, will Horn entweder in der Klasse bis 59 Kilogramm oder in der bis 65 Kilogramm kämpfen, wobei Fabian Schley, ihr Stützpunkt-Trainer beim BCK, ihr in der 59er-Kategorie die größeren Chancen einräumt. „Es ist aber einfach cool, überhaupt
wieder kämpfen zu dürfen“, so Horn, die auch der Judo-Bundesliga-Mannschaft des BCK angehört.
Doch nicht nur als Kämpferin ist Horn beim BCK aktiv. Die Studentin der Sportwissenschaften bringt sich auch ehrenamtlich im
Verein ein. So ist sie als Trainerin beim erfolgreichen „Integrationsprojekt“ tätig und im vergangenen Jahr, als die Corona-Pandemie
auch den Trainingsbetrieb in der Halle lahmlegte, war sie mit dabei, als der Budo-Club virtuelle Trainings-Clips produzierte,
die auf großen Zuspruch stießen. „Ich mag die Arbeit mit den Kindern“, erklärt sie ihr Engagement in diesem Bereich und freut
sich darüber, dass mittlerweile zumindest kontaktloses Training für Kinder unter 14 Jahren auf dem Gelände vor der Alten Reithalle
wieder möglich ist. Sie selbst wird am 25. Mai in den Flieger nach Zypern steigen, um dann am darauf folgenden Wochenende
um die Europameisterschaft im Sambo zu kämpfen.
Zur Person: Jule Horn – Judo und Sambo-Kämpferin Budo-Club Karlsruhe
- Kämpft in der Judo-Bundesliga der Frauen für den BCK in der 63 Kilogramm-Klasse;
- gehört dem „Team Deutschland“ des Deutschen Sambo-Verbandes an;
- größte Sambo-Erfolge:
– U21 Vize-Weltmeisterin 2018;
– Deutsche Meisterin 2018;
– Dritte beim Grand Prix in Moskau 2019 - Studiert Sportwissenschaften am KIT
- lebt in einer Judo-WG in Karlsruhe
- hört gern Deutsch-Rap und mag Harry Potter
- Lebensmotto: „Man kann alles schaffen, wenn man es will!“
Text: Harald Linder / Badische Woche
Foto: Anna Ivanitskaya