Sambo? Sambo! Und nein, mit einem südamerikanischen Tanz hat das nichts zu tun, aber einiges mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Für den war dieser Kampfsport, der ein Mix aus Judo, Ju Jutsu und Ringen ist, seine „erste große sportliche Liebe“, wie er einmal sagte, war er doch mehrfacher Stadtmeister von St. Petersburg in dieser Sportart.
Eine, die dieses sportliche Hobby des Kremlchefs teilt, ist Anke Kaiser vom Budo Club Karlsruhe (BCK). Die 20-jährige Lehramtsstudentin, die aus Ettlingen stammt, kam „über eine Bekannte aus dem Judo, die mich mal gefragt hat, ob ich das ausprobieren möchte“, zum Sambo („Selbstverteidigung ohne Waffen“), das 1923 von der sowjetischen Armee entwickelt wurde, um die Nahkampfausbildung zu verbessern.
Mittlerweile geht es im Sambo allerdings „zivilisiert“ zu. Die ersten deutschen Sambo-Meisterschaften wurden im Jahr 2002 ausgetragen. Anke Kaiser, die beim BCK auch als Judo-Jugendtrainerin aktiv ist, reizt am Sambo vor allem, „dass auch die alten Judotechniken, wie beispielsweise Griffe an die Beine erlaubt sind“, sagt sie. Diese Techniken hat sie so gut drauf, dass sie bei der DM anfangs des Jahres in Berlin sowohl in ihrer Altersklasse (U 21) als auch bei den Frauen jeweils in der Kategorie bis 60 Kilogramm den nationalen Titel gewann. Es folgte ein zweiter Platz bei den internationalen niederländischen Meisterschaften und die Nominierung für die Europameisterschaften in Minsk. Da kämpfte sie sich bis ins Halbfinale vor und wurde am Ende Siebte. Höhepunkt ihrer bisherigen Sambo-Karriere war die Nominierung für die Junioren-Weltmeisterschaften im serbischen Novi Sad, wo Anke Kaiser zwar in der ersten Runde ausschied, aber keiner Geringeren als der späteren Bronzemedaillengewinnerin aus Kasachstan unterlag.
Die Samboka aus den ehemaligen Sowjetrepubliken sind nach wie vor die beherrschenden Athleten in dieser Sportart. In Russland ist Sambo Volkssport, mit dem sich dort in der Spitze richtig gutes Geld verdienen lässt. Anke Kaiser lacht, als die Frage kommt, ob auch sie vom Sambo leben könne. Sie sei froh, wenn wenigstens der Kampfanzug gestellt wird, erklärt die 20-Jährige. „Dran bleiben“ wolle sie aber auf jeden Fall. Zumal sie die Erfolge im Sambo motivieren, sich auch im Judo weiter zu verbessern. Eine Meinung, die Fabian Schley, Judo-Abteilungsleiter im BCK teilt. Er hatte Anke Kaiser zur Junioren-WM als Trainer begleitet. „Gerade für Athletinnen und Athleten, die im Judo nicht oder noch nicht in vorderster Reihe stehen, sind mögliche Erfolge im Sambo ein Ansporn, sich auch im Judo, das ja sehr viel Ähnlichkeit mit Sambo hat, neue sportliche Ziele zu setzen und sich im Training weiter reinzuhängen“, sagt Schley. Er möchte Sambo künftig gerne als weiteres Standbein im Budo Club etablieren. Auch im Hinblick auf die Integration von Jugendlichen, die aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion kommen. „Die meisten von ihnen kennen Sambo. Deshalb ist es für sie einfacher, sich einem Verein anzuschließen, der eine ihnen vertraute Sportart anbietet“, betont Schley. Zumal Sambo auch außerhalb Russlands zunehmend „hoffähig“ wird. Die Sportart ist mittlerweile sowohl bei den World Games als auch bei der Universiade im Programm.
Anke Kaiser will weitere internationale Einsätze. Das ist ihr Ziel. Um sich dafür zu qualifizieren, sollte sie als nächstes im kommenden März ihren deutschen Meistertitel verteidigen. Gelingt ihr dies, könnte es gut sein, dass die 15 Jugendlichen aus dem russischen Krasnodar, die der BCK im Rahmen eines Jugendaustausches 2018 eingeladen hat, von einer deutschen Meisterin in einer Sportart begrüßt werden, die auch von diesen Jugendlichen aus dem gemeinsamen Leistungszentrum für Judo und Sambo in Karlsruhes Partnerstadt betrieben wird.