Nur mit innerer Ruhe zum Erfolg Kyudo? Kyudo! Eine Sportart oder eher Meditation mit einem Sportgerät? Für einen Kyudo-Unkundigen – so heißt diese exotische Kampfsportart mit dem japanischen Langbogen – eine nur schwer zu beantwortende Frage.
Michael Brettschneider, der gerade wieder baden-württembergischer Meisters geworden ist, fällt die Antwort leicht: „Jeder Schuss ist ein Spiegelbild des eigenen Könnens. Durch unmittelbare Rückmeldung über seine körperliche und geistige Verfassung erhält der Schütze die Chance zur Selbstreflektion. Sich selbst immer wieder zu betrachten und zu erfahren, immer wieder das Gefühl zu haben, gerade erst mit Kyudo begonnen zu haben, sind für mich die Meilensteine des Übens“, sagt der Mann, der mit dem Nationalteam schon WM-Medaillen gewonnen hat, und zu den Besten seiner Zunft in Deutschland gehört.
Kyudo (Kyu = der Bogen, do = der Weg) ist eine der alten klassischen japanischen Kampfkünste, die sich aus den Waffentechniken der Samurai entwickelt hat. Zum Einsatz kommt dabei der etwa 2,20 Meter lange japanische Bogen. Der ist traditionell aus Holz sowie Bambus gefertigt und erfordert eine besondere Schießtechnik, die nur durch intensives Üben zu erlernen ist. Dies erfordert ein hohes Maß an Disziplin, Aufmerksamkeit, Konzentration und innere Ruhe, ohne die Kyudo auf Dauer nicht machbar ist.
Über acht genau festgelegte Bewegungsphasen müssen Körperhaltung und -spannung präzise koordiniert werden. Diese Abläufe zu beherrschen und zu verfeinern, ist ein wesentliches Ziel des Übens. Mit den eigenen Fortschritten und mit dem permanenten Verfeinern der Schießtechnik wächst die Freude an der Kunst des Bogenschießens, die dann auch für den außenstehenden Betrachter in der ästhetischen Darstellung, der Ausstrahlung und dem Trefferergebnis sichtbar wird.
Da es beim Kyudo nicht vorrangig nur auf Muskelkraft ankommt, sondern auch auf sensible Bewegungskoordination, ist der Umgang mit dem japanischen Langbogen für Frauen und Männer jeden Alters geeignet. Zu Beginn sind weder Vorkenntnisse noch Ausrüstung erforderlich. Äußerliche Besonderheiten sind die traditionelle Kleidung und die zeremoniellen Bewegungsformen für Demonstrationen, Prüfungen und Meisterschaften, wie bei den 13. baden-württembergischen Titelkämpfen, die von der Kyudo-Abteilung im Budo Club Karlsruhe (BCK) kürzlich organisiert wurden. Verbunden damit war das 40-jährige Bestehen der Kyudo-Abteilung, die eine der Topadressen für diese Sportart im Südwesten ist. Und so trafen sich in der „Alten Reithalle“ in der Blücherstraße rund 40 Teilnehmer aus sechs Vereinen, was eine neue Rekordbeteiligung bedeutete, um nach der traditionellen Begrüßungszeremonie mit dem Wettkampf zu beginnen. Dabei sah Karlsruhes Sportbürgermeister Martin Lenz, wie die BCK-Kyudoka einmal mehr ihre Vormachtstellung in Baden-Württemberg demonstrierten: Neben dem Titel in der Einzelwertung durch Michael Brettschneider, der vor seinen Mannschaftskollegen Erik Hamann und Otmar Hirth gewann, waren auch bei den Teams die Bogenschützen der Gastgeber nicht zu schlagen und siegten vor den beiden Mannschaften des Kyudojo Stuttgart.
Wer mehr über Kyudo in Karlsruhe erfahren möchte, kann beim Training, mittwochs 18.30 bis 20.15 Uhr und sonntags 19 bis 21 Uhr in der „Alten Reithalle“, sowie freitags 20 bis 23 Uhr beim MTV vorbeikommen oder die Abteilung unter Kyudo@BudoclubKarlsruhe.de kontaktieren.
Foto: GES/Hurst